Harmonisiert endlich den Einkommensbegriff für mehr Bürgernähe

Wie ich bereits in früheren Beiträgen betonte, erfordert die Demokratie eine bürgernahe Verwaltung. Dazu dient das Once-Only Prinzip, bei dem Bürger persönliche Daten nur einmal an die Verwaltung geben, und diese Daten bei allen Behörden wiederverwendet werden.
Das klingt einfach, ist es aber nicht. Wenn zum Beispiel Daten in einer Behörde anders benutzt oder interpretiert werden als in einer anderen, dann können die Daten nicht wiederverwendet werden. Das führt dazu, dass die Bürger bei jedem Antrag erneut die Daten und Nachweise erneut einreichen müssen. Das ist zum Beispiel bei Begriff des Einkommens in den diversen Anträgen an die Verwaltung so.
Ich zeige hier einige Beispiele der Verwendung von Einkommen auf:
1. Wohngeldantrag:
Hier zählt das „Jahreseinkommen“ aller Haushaltsmitglieder, inklusive Kindergeld, Unterhalt und bestimmter Sozialleistungen. (Quelle: § 14 WoGG)
2. BAföG-Antrag:
Hier gelten spezielle Freibeträge für Elterneinkommen, während eigene Einkünfte des Studierenden anders angerechnet werden. (Quelle: §§ 21–24 BAföG)
3. Elterngeldberechnung:
Basiert auf dem Nettoeinkommen der letzten 12 Monate vor der Geburt, aber mit speziellen Regeln für Selbstständige und bestimmten Abzügen. (Quelle: § 2 BEEG)
4. Steuererklärung:
Verwendet verschiedene Einkommensbegriffe: „Einkünfte“, „Summe der Einkünfte“ (nach Abzug von Werbungskosten), „Gesamtbetrag der Einkünfte“ (nach ersten Freibeträgen), „Einkommen“ (nach Sonderausgaben) und „zu versteuerndes Einkommen“ (nach weiteren Freibeträgen). Jeder Begriff steht für einen anderen Wert und unterschiedliche Beträge können für Vergleiche mit anderen Behörden herangezogen werden. (Quelle: §§ 2, 2a, 32a EStG)
5. Unterhaltszahlungen:
Bei der Berechnung zählen leibliche Kinder und Adoptivkinder gleich, während Stiefkinder anders behandelt werden. Das unterhaltsrelevante Einkommen wird nach speziellen Regeln ermittelt. (Quelle: Düsseldorfer Tabelle und unterhaltsrechtliche Leitlinien der Oberlandesgerichte)
6. GEZ-Befreiung (Rundfunkbeitrag):
Hier gelten wieder andere Einkommensgrenzen und Definitionen, welche Einkünfte berücksichtigt werden. (Quelle: § 4 RBStV – Rundfunkbeitragsstaatsvertrag)
7. Kinderzuschlag:
Hier werden bestimmte Einkünfte voll angerechnet, andere nur teilweise oder gar nicht. Besonders komplex ist die Anrechnungsregel: Erwerbseinkommen der Eltern wird nur zu 45% angerechnet, während Unterhaltszahlungen zu 100% berücksichtigt werden, und Elterngeld und Pflegegeld je nach Konstallation auch unterschiedlich behandelt werden. (Quelle: § 6a BKGG – Bundeskindergeldgesetz)
8. Krankenversicherungsbeiträge:
Bei gesetzlichen Kassen zählen andere Einkommensbestandteile als bei privaten Versicherungen zur Beitragsbemessung. (Quelle: § 226 SGB V für GKV, Vertragsfreiheit bei PKV)
9. Bürgergeld (Grundsicherung für Arbeitsuchende):
Beim Bürgergeld wird das „zu berücksichtigende Einkommen“ nach dem SGB II ermittelt. Dabei gelten besondere Freibeträge, pauschale Abzüge und teilweise abweichende Anrechnungsregeln im Vergleich zu anderen Sozialleistungen. Beispielsweise bleiben kleinere Erwerbseinkommen bis zu bestimmten Grenzen teilweise anrechnungsfrei, während andere Einkünfte wie Unterhalt oder Kindergeld teilweise oder vollständig angerechnet werden (Quelle: §§ 11 bis 11b SGB II)
Diese uneinheitlichen Definitionen führen dazu, dass Bürger für verschiedene Anträge jeweils unterschiedliche Berechnungen durchführen müssen und verschiedene Nachweise benötigen.
Die Verwaltung steckt viel Geld in die Umsetzung von Once-Only und die Registermodernisierung. Solange die Begriffe in den Ressorts, den Registern und der Rechtslage nicht harmonisiert sind, wird der Aufwand nicht den erforderlichen Nutzen bringen und damit nicht die erforderliche Bürgernähe schaffen.